Freitag, 30. September 2011

Österreicher in Not?

Seit einigen Tagen geistert ein Bild durch Facebook: da werden Leistungen, die eine asylwerbende Familie angeblich bekommt, sowie das Einkommen einer österreichischen Familie verglichen:


Soweit, sogut. Leider ist die Aufstellung komplett falsch. Auffällig ist schon mal, dass die asylwerbende Familie mit 6 Kindern mit einer Familie mit 3 Kindern gegenübergestellt wird - Äpfel und Birnen sind wohl einfacher zu vergleichen.

Bei meinen Berechnungen gehe ich von einer 5-köpfigen Familie aus, die Kinder sind 9, 11 und 12 Jahre alt. Um zu zeigen, wie schlecht AsylwerberInnen aussteigen, gehe ich davon aus, dass in der österreichischen Familie beide Erwachsenen Mindestsicherung beziehen. 

Zuallererst muss unterschieden werden, wie die asylwerbende Familie untergebracht ist. Hier gibt es 3 Möglichkeiten:

Variante 1: Unterkunft und Verpflegung wird gestellt (zb durch Caritas, Volkshile, ...). In diesem Fall erhalten AsylwerberInnen monatlich ein Taschengeld von € 40,- in bar. Macht also summa summarum € 200,- für eine 5köpfige Familie pro Monat. Davon zu bezahlen sind Hygieneartikel, Windeln, Seife, oftmals auch das WC-Papier oder Hygieneartikel für Frauen.

Variante 2:  Unterkunft in einem "Selbstversorgerquartier". Monatlich werden € 150,- (für Minderjährige € 110,-) als Essensgeld ausgezahlt, wobei auch hiervon Hygieneartiekel zu bezahlen sind. Für das Beispiel sind das also € 630,-.

Variante 3: Unterkunft in einem privat organisiertem Quartier. Anspruch besteht hier auf  € 110,- Mietkostenhilfe, für Familien (also im obrigen Fall) 220 Euro. Zusätzlich gibts pro Person € 180,- Verpflegungsgeld (für Minderjährige € 80,-) - macht also € 820,-. Zu bezahlen sind Miete, Betriebskosten, Verpflegung, ...

Einmal jährlich gibts einen Gutschein über € 150,- für Kleidung (das macht € 12,50 monatlich), ebenso eine Schulbedarfshilfe in Höhe von € 200,-. Diese wird im Normalfall über die Schule organisiert und ebenfalls nicht ausbezahlt.Für Freizeitaktivitäten gibts einen monatlichen Zuschuss von 10 Euro, der ebenfalls nicht ausbezahlt wird!

Familienbeihilfe gibts für Asylwerber seit 2006 nicht mehr.

Je nach Unterbringungsart kommt eine Asylwerbende Famile daher auf  € 200,- bis € 820,-!

Wie siehts mit der Österrichischen Familie aus?

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung beträgt für (Ehe)Paare € 1.129,-, die Leistung für Kinder ist landesabhänging, beträgt aber mindestens € 135,-. Eigentlich müsste jetzt gar nicht mehr weitergerechnet werden, da alleine die Mindestsicherung (in diesem Fall also € 1534,-) mehr als die Grundversorgung von AsylwerberInnen ausmacht.

Dazu kommt noch das Kindergeld in der Höhe von € 422,39 (112, 70 für ein Kind unter 10 Jahren, 130,90 x 2 für zwei Kinder ab 10 Jahren sowie die Geschwisterstaffelung von € 47,80). Einmal jährlich gibts noch das Schulstartgeld in der Höhe von € 100,-, das ausbezahlt wird.

Nicht eingerechnet sind hier verschiedene Zuschüsse, die von Land zu Land variieren (Wohnbeihilfe, Heizkostenzuschuss, ...)

Zusammenfassend kommt die Österreichische Familie also auf mindestens € 1956,39.

Woher kommt diese Gegenüberstellung eigentlich? Erstmals erschienen ist sie 2005 auf einem Flugblatt der FPÖ... Aktuell wird sie via Facebook verbreitet, ausgehend (zumindestens bei den stichprobenartigen nachforschungen meinerseits) von einem User namens Weinhof Günter Nekrep. Von dort aus zieht es, begleitet von letztklassigen Kommentaren ("haupsache is das wir den ganzen a......l...... des geld in den arsch blasen. und für deren erhalt(luxusleben) brav schepfen gehn. es hat schon seinen grund das ich blauwähler bin^^") die Kreise. 

PS: Die Überschrift der Grafik stimmt trotzdem, allerdings aus anderen Gründen: Über 12 % der österreichischen Bevölkerung, in etwa eine Million Menschen, sind arm oder armutsgefährdet. Als arm gilt, wer als Paar mit 3 Kindern von einem Haushaltseinkommen von weniger als € 2.584,- leben muss (also ist die österreichische also auch die asylwerbende Familie laut österreichischer Armutsdefinition arm!).